Die diesjährige Jahrestagung der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG) findet mit dem Leitthema „Zurück in die Zukunft“ vom 25. bis 28. Mai 2022 in Salzburg statt, nach zwei Pandemiejahren wieder als klassische Präsenz-Jahrestagung. ÖKG-Präsident und Tagungspräsident Univ.-Prof. Dr. Bernhard Metzler, MSc (Medizinische Universität Innsbruck), Direktor Univ.-Prof. Dr. Axel Bauer (Medizinische Universität Innsbruck) und Univ.-Prof. Dr. Peter Siostrzonek nahmen daher im Rahmen einer Pressekonferenz am Montag Stellung zu neuen „Möglichkeiten der digitalen Medizin“ und „Corona, Herzerkrankungen und Auswirkungen auf das Gesundheitssystem“. Ein weiteres Thema war die Präsentation einer neuen ÖKG-Patienten*innen-Plattform. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Metzler, MSc, mit Blick auf die Jahrestagung: „International renommierte Expert*innen werden mit uns Umwelt- und Klima-Stressoren aus kardiologischer Sicht diskutieren. Persönlich freue ich mich auch sehr auf angeregte Diskussionen zum Beitrag des Sports auf die psychische Widerstandsfähigkeit.“ Erstmals vergibt die ÖKG heuer bei der Kongresseröffnung die „Fritz-Kaindl-Medaille“ für besondere Verdienste um die Kardiologie in Österreich. Professor Dr. Fritz Kaindl gründete die ÖKG 1968 als wissenschaftliche Vereinigung.

Tagungssekretär ist ÖKG-Generalsekretär Univ. Prof. Dr. Daniel Scherr (Medizinische Universität Graz). Programmdetails unter:

https://atcardio.at/storage/app/media/Jahrestagung/2022/22_OEKG_Programm_A5_10_WEB.pdf.

Univ.-Prof. Dr. Bernhard Metzler, MSc: „Die Pandemie zeigte die Wichtigkeit der kardiologischen Betreuung von Patient*innen“

Die Corona-Pandemie mit ihren bis dato vier Wellen sei „nicht ’nur‘ eine Infektionskrankheit“. Alle medizinischen Bereiche würden davon betroffen. Die Virus-Erkrankung wirke neben der Lunge auf auch andere Organe, „sie brachte aber vor allem auch durch die Auswirkungen der Restriktionen gravierende Einschnitte in den normalen klinischen Alltag“. In der Kardiologie zeigte sich, dass „die vermeintliche Abnahme der Herzinfarkte dadurch entstand, dass die Patientinnen und Patienten sich nicht trauten, ins Krankenhaus zu gehen und bisweilen ihre Symptome falsch zuordneten“, stellte der ÖKG-Präsident klar. Größere Herzinfarkte, ein vermehrtes Auftreten von Herzinsuffizienz und eine höhere Sterblichkeit waren oftmals die Folge.

Metzler: „Die coronabedingten Verschiebungen notwendiger Herzeingriffe – etwa Katheter- oder Klappeneingriffe – führten zu einem Rückstau auf Wartelisten. Corona ‚half‘ also in gewisser Weise bei der Demaskierung von Personalengpässen in Krankenhäusern.“

Zur Impfung: „Die Impfgegner haben leider viele Studien in einer nicht nachvollziehbaren Weise falsch ausgelegt. In großen Studien konnten nur wenige Myokarditisfälle gezeigt werden, die durch die Impfung ausgelöst worden waren. In fast allen Fällen gab es dabei sehr milde Verläufe ohne jegliche klinische Bedeutung oder Langzeitfolgen.“ Hauptsächlich betroffen waren junge Männer im Alter von 16 bis 29 Jahren. 11 von 100.000 Geimpften waren betroffen, bei Frauen in der gleichen Altersgruppe hingegen nur eine von 100.000 [1]. Metzler erwähnte, dass sich auch bei anderen Impfungen eine Myokarditis als Immunreaktion ergeben könne, aber „das Risiko für eine Myokarditis bei einer Corona-Erkrankung viel höher als durch eine Corona-Impfung ist“.

Künftig werde „Long-Covid“ die kardiologische Betreuung der Patient*innen betreffen. „In der Pandemie hat sich die besondere Bedeutung der kardiologischen Betreuung von Patientinnen und Patienten sehr deutlich gezeigt.“ Der ÖKG-Präsident verwies auch auf international relevante Forschungsergebnisse zum Thema Corona und Herz durch ÖKG-Mitglieder wie Univ.-Prof. Dr. Axel Bauer und Dr. Ivan Lechner aus Innsbruck sowie Frau Ap. Prof.in Priv. Doz.in Dipl. Ing.in Dr.in Noemi Pavo aus Wien.

Direktor Univ.-Prof. Dr. Axel Bauer: „Kontinuierliche digitale Risikoüberwachung hilft bei der Früherkennung von kardiologischen Komplikationen“

„Mit dem multidisziplinären Feld der digitalen Medizin sollen die Diagnostik und die Behandlung durch Software und Algorithmen verbessert werden. Die Medizin wird so in vielen Bereichen, insbesondere auch in der Kardiologie, revolutioniert werden“, so Bauer. Digitale Sensoren seien in der Lage, Vitalparameter kontinuierlich und nicht-invasiv zu messen und telemetrisch zu übertragen. „Intelligente Algorithmen transformieren diese Information in digitale Biomarker, die bei der Optimierung von Entscheidungen helfen.“ Die zunehmende Verfügbarkeit großer Mengen digitaler patientenbezogener Daten unter dem Schlagwort „big data“ öffne zudem die Tür zur Anwendung neuartiger Algorithmen wie „machine learning“ oder künstlicher Intelligenz. „So können personalisierte Therapieentscheidungen für Patient*innen getroffen werden.“ Bauer wies auf große Herausforderungen hin, vor denen man stehe: „Wir brauchen die Einbeziehung von Medizin, Bioinformatik, Statistik und anderen Disziplinen – und dazu müssen rechtliche, ethische, regulatorische und sicherheitsbezogene Fragen geklärt werden.“ Innovative digitale Strategien in der Patientenversorgung benötigten auch eine Validierung durch qualitativ hochwertige Studien, wie etwa die im Februar publizierte deutsch-österreichische SMART-MI Studie [2], in welcher 1.300 Patient*innen nach Herzinfarkt mittels moderner digitaler EKG-basierter Biomarker risikostratifiziert wurden, um schließlich bei 400 Hochrisikopatient*innen das Konzept einer digitalen kontinuierlichen Risikoüberwachung mittels implantierbarer Miniatur-Sensoren zu evaluieren. „So ließen sich klinische Komplikationen wie Schlaganfall oder thromboembolische Komplikationen wesentlich früher und sensitiver vorhersagen als durch die derzeit übliche Nachsorge. Das öffnet ein therapeutisches Fenster für präventive Interventionen“, unterstrich Bauer. „Die ÖKG hat eine ‚Task Force Digital Health‘ zur wissenschaftlichen Begleitung und Förderung eingerichtet. Auch bei der Jahrestagung in Salzburg werden Chancen und Herausforderungen der digitalen Medizin in mehreren Sitzungen beleuchtet.“

Univ.-Prof. Dr. Peter Siostrzonek: „ÖKG-Patient*inneninformation cardioaktiv.at ist seit heute online“

Univ.-Prof. Dr. Siostrzonek wies in seinem Statement auf die Bedeutung der Einbeziehung von Patient*innen und deren Wissen über ihre Erkrankung hin. „Es gibt immer mehr Schulungsprogramme, etwa für Herzinsuffizienz- oder Diabetes-Patientinnen und -Patienten. Für das in den Leitlinien empfohlene ’shared decision making‘ sind diese Schulungen zentral. Wir wünschen uns möglichst gut über ihre Erkrankung und einen gesunden Lebensstil informierte Patient*innen, die die hohe Bedeutung von Bewegung, Ernährung, Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen erkennen. Um diesem wichtigen Anliegen Rechnung zu tragen, hat die ÖKG die neue Informationsplattform www.cardioaktiv.at konzipiert. Cardioaktiv.at wird hochqualitative medizinische Informationen zum Thema Herzmedizin und Herzgesundheit in verständlicher Form für Patient*innen und interessierte Laien bieten. Die Seite, deren Inhalte auch über Facebook geteilt werden können, wird laufend über aktuelle Neuigkeiten auf dem Gebiet der Herzmedizin berichten und immer auch Ratschläge und Tipps zur Erhaltung der Herzgesundheit beinhalten. Das Konzept: Führende Kardiolog*innen aus Österreich fassen regelmäßig komplexe Themen in leicht fassbarer Sprache zusammen und geben Tipps und Ratschläge zur Vorbeugung von Herzerkrankungen sowie Antworten auf häufig gestellte Fragen. Cardioaktiv.at bietet also unabhängige Information aus erster Hand. Was cardioaktiv.at auch besonders macht, ist die Tatsache, dass die Seite ganz bewusst ohne externes Industrie-Sponsoring betrieben wird. „Cardioaktiv.at ist seit heute online. Die nunmehr derzeit verfügbaren Beiträge werden laufend durch weitere aktuelle Artikel ergänzt werden“, schloss Siostrzonek.

[1] Mevorach S. et al., New England Journal of Medicine 2021;385:2140-9

[2] Lancet Digit Health 2022;4: e105–16

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