Wien – Der von der European Society of Cardiology (ESC) veranstaltete Kongress findet zwischen 29. August und 1. September online statt. Im Vorfeld des Kongresses betonten Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Siostrzonek (Ordensklinikum Linz), Präsident der ÖKG (Österreichische Kardiologische Gesellschaft), und ÖKG-Generalsekretär sowie President Elect Univ.-Prof. Dr. Bernhard Metzler, M.Sc., am Freitag im Rahmen einer Presseaussendung ihre Freude über die zahlreichen hervorragenden Abstracts österreichischer KardiologInnen, die bei diesem zentralen Wissenschafts-Event eingereicht wurden. „Für die ÖKG steht die wissenschaftliche Förderung aufstrebender Kardiologinnen und Kardiologen im Vordergrund. Gerade in SARS-CoV-2-Pandemiezeiten sollte allen Stakeholdern bewusst sein: Den Schlüssel zu zukunftsgerichteter Diagnostik und Therapie für die PatientInnen finden wir in der klinischen Forschung. Hier braucht es maximale Unterstützung von offizieller Seite, damit Österreich in Sachen medizinischer Forschung auch in Zukunft im Spitzenfeld liegt. Neben all den anderen AutorInnen spannender kardiologischer Abstracts möchten wir insbesondere Henrike Arfsten, Fabian Barbieri, Magdalena Holzknecht, Matthias Koschutnik, Konstantin Krychtiuk, Christian Nitsche, Martin Reindl und Lore Schrutka für die Einreichung ihrer wissenschaftlichen Arbeiten im Sinne kardiologischer PatientInnen danken“, so Siostrzonek und Metzler unisono.

Die Studie von Dr.in Henrike Arfsten beschäftigte sich damit, dass ein Bias in der Medikamentenverschreibung das Outcome von Herzinsuffizienz-PatientInnen beeinflusst. Dr. Fabian Barbieri konnte zeigen, dass neue herzspezifische Biomarker die Vorhersage des Überlebens nach einem Eingriff am Herzen mittels Vorab-Blutabnahme ermöglichen. In der Arbeit von Dr.in Magdalena Holzknecht wurde nachgewiesen, dass eine Deformierung des Herzmuskelgewebes bei Herzinfarkten mit einer schlechteren Prognose einher geht.

Dr. Matthias Koschutnik konnte mit seinen Ergebnissen unterstreichen, dass die Rechtsherzfunktion ein integraler Bestandteil jeder Risikoevaluierung vor Herzklappeninterventionen sein sollte. Priv.-Doz. Dr. Konstantin Krychtiuk, PhD, wies nach, dass bei einem Anstieg pro-entzündlicher Monozyten nach Herz-Kreislaufstillstand auch die Mortalität bei Intensiv-PatientInnen wächst. Dr. Christian Nitsches Ergebnisse legen nahe, dass der Volumsstatus die Zusammensetzung des extrazellulären Raumes bei Aortenstenose aktiv beeinflussen könnte. Dass die Procalcitonin-Konzentration im Blut nicht vom Ausmaß der infarkt-bedingten Herzmuskelschädigung bei akutem STEMI beeinflusst wird, wird im Abstract von Dr. Martin Reindl, PhD diskutiert. In der Arbeit Dr.in Lore Schrutkas hingegen konnte bewiesen werden, dass schwerwiegende Blutungsereignisse bei Amyloidose-PatientInnen mit oraler Blutverdünnung nicht häufiger ausfallen.

Dr.in Henrike Arfsten: Bias in der Medikamentenverschreibung beeinflusst Outcome von Herzinsuffizienz-PatientInnen

In der chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) geht die medikamentöse Therapie mit Betablockern und Renin-Angiotensin-System Hemmern (ACE-Hemmer/Angiotensin-Rezeptorblocker) mit einer Reduktion von Hospitalisierung und Mortalität einher. Um den größten therapeutischen Benefit zu erzielen, ist die Auftitration der jeweiligen Substanz bis zur international empfohlenen Maximaldosis unabdingbar. In der klinischen Praxis werden diese wissenschaftlich geprüften Maximaldosierungen aus multiplen Gründen oft nicht erreicht. Dr.in Henrike Arfsten reichte ein Abstract zu einer multizentrischen Studie ein, die das Titrationsverhalten innerhalb von zwölf Monaten für ambulant verschriebene Medikamente anhand von 3.737 individuellen PatientInnendaten untersuchte. Die Daten geben erstmalig einen Hinweis auf eine unbewusste „Befangenheit“ der verschreibenden MedizinerInnen hinsichtlich unterschiedlicher numerischer Maximaldosierungen.

Dr. Fabian Barbieri: Neue herzspezifische Biomarker ermöglichen Vorhersage des Überlebens nach einem Eingriff am Herzen mittels Vorab-Blutabnahme

Jüngste Studien konnten den prognostischen Wert von herzspezifischen Biomarkern, wie natriuretische Peptide als auch hochsensitives Troponin, in PatientInnen mit hochgradiger Aortenklappen-Verengung und geplanter Intervention zeigen. Die Vorhersage von kardiovaskulärer Mortalität und Gesamtmortalität beschränkte sich hierbei nicht nur auf die postoperative Phase, sondern zeigte sich auch im Langzeitverlauf als äußerst valide. Beim Kongress der europäischen Gesellschaft für Kardiologie wird nun erstmalig eine geschlechterspezifische Analyse dieser beiden Biomarker präsentiert. In mehreren Analysen konnte der vorhersagende Wert beider Biomarker, jedoch insbesondere des hochsensitiven Troponins, auf das Langzeitüberleben für beide Geschlechter überprüft und nachgewiesen werden. Dadurch können PatientInnen frühzeitig erkannt werden, welche im postoperativen als auch im Langzeitverlauf potentielle Risiken bergen und von einer engmaschigen medizinischen Betreuung profitieren könnten.

Dr.in Magdalena Holzknecht: Deformierung des Herzmuskelgewebes bei Herzinfarkten geht mit einer schlechteren Prognose einher

Ein neuer vielversprechender Funktionsmarker, der mittels kardialer Magnetresonanztomographie (MRT) bestimmt wird, kann Aufschluss über die weitere Prognose von Herzinfarkt-PatientInnen geben, berichten KardiologInnen der Medizinischen Universität Innsbruck in ihrem Abstract. Neue MRT-Funktionsmessungen des Herzens sind in den Fokus gerückt:  Einerseits die Deformationsanalyse („Strain“-Analyse) des Herzens, die kleinste Veränderungen im Herzmuskel ermitteln kann, sowie anderseits die Verkürzung des Herzmuskels auf Mitralklappenebene während der Herzaktion. „In dieser Analyse konnten wir zeigen, dass die Deformierung des Herzmuskels in der Längsachse am Genauesten und unabhängig von der Infarktschädigung die Prognose vorhersagen kann“, so Dr.in Magdalena Holzknecht von der Arbeitsgruppe für kardiale MRT (Univ.-Prof. Dr. Bernhard Metzler) an der Medizinischen Universität Innsbruck.

Dr. Matthias Koschutnik: Rechtsherzfunktion sollte integraler Bestandteil jeder Risikoevaluierung vor Herzklappeninterventionen sein

Die Aortenklappenstenose ist die häufigste zu behandelnde Herzklappenerkrankung in Europa und Nordamerika. Neben der chirurgischen Sanierung steht seit einigen Jahren ein katheterbasiertes Verfahren (kurz: TAVI, „transcatheter aortic valve implantation“) zur Verfügung, welches gleichwertige bis überlegene Ergebnisse in Bezug auf das Langzeitüberleben aufweist. Die Risikostratifizierung, also das Abschätzen welche Patientinnen und Patienten von welchem Verfahren optimal profitieren, ist komplex, da etablierte Risiko-Scores, wie der EuroSCORE-II oder der STS-Score, bei TAVI nicht validiert wurden. Insbesondere die Funktion des rechten Herzens rückt zunehmend in den Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen, ohne bisher Eingang in gängige Risikomodelle gefunden zu haben. Bei insgesamt 204 PatientInnen, welche bereits für eine TAVI geplant waren, wurde zusätzlich zur Echokardiographie eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt. Im Rahmen der Studie konnte einerseits gezeigt werden, dass die Beurteilung der Rechtsherzfunktion integraler Bestandteil jeder Risikoevaluierung vor Herzklappeninterventionen sein sollte, und andererseits, dass die MRT für eine Risikostratifizierung bei TAVI Patientinnen und Patienten der Echokardiographie deutlich überlegen ist.

Priv.-Doz. Dr. Konstantin Krychtiuk, PhD: Steigen nach Herz-Kreislaufstillstand pro-entzündliche Monozyten, steigt auch die Mortalität bei Intensiv-PatientInnen

Viele PatientInnen nach initial überlebtem Herz-Kreislaufstillstand zeigen eine deutliche Aktivierung des Immunsystems im Sinne einer starken Entzündungsreaktion, welche eine Rolle in der Zustandsverschlechterung dieser PatientInnen spielen könnte. Es ist bereits lange bekannt, dass Monozyten anhand einiger Marker an der Oberfläche in drei Untergruppen eingeteilt werden können, nämlich in „klassische Monozyten“, „nicht-klassische Monozyten“ sowie „intermediäre Monozyten“, den letzteren wird eine besonders aggressive, entzündliche Rolle zugeschrieben. Die Autoren konnten zeigen, dass die Verteilung der Monozyten-Subpopulationen bei Aufnahme auf der Intensivstation nicht mit dem Tod innerhalb der kommenden sechs Monate in Zusammenhang gebracht werden konnte. Die Verteilung der Monozyten wurde 72 Stunden nach Aufnahme nochmals untersucht. Hier zeigten jene PatientInnen, die innerhalb der darauffolgenden sechs Monate verstorben sind, eine deutliche Zunahme der intermediären Monozyten. Jene PatientInnen, die drei Tage nach Intensivstations-Aufnahme nach Herz-Kreislaufstillstand eine deutliche Zunahme pro-entzündlicher Monozyten aufweisen, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, in den kommenden sechs Monaten zu versterben.

Dr. Christian Nitsche: Volumsstatus könnte die Zusammensetzung des extrazellulären Raumes bei Aortenstenose aktiv beeinflussen

Bei PatientInnen mit hochgradiger Aortenstenose (AS) kommt es im Rahmen von ventrikulären Umbauprozessen zur Anhäufung von extrazellulärer Matrix im Myokard. Diese kann mittels kardialer Magnetresonanztomographie (MRT) quantifiziert werden. Alternativ kann das Ausmaß der kardialen Dekompensation bzw. der Überwässerung mit Hilfe der Bioimpedanzmethode (BIS) gemessen werden. Ziel der aktuellen Studie bei für eine TAVI-Therapie vorgesehen AS-PatientInnen war es, den Zusammenhang zwischen extrazellulärem Volumen (MRT-ECV) und Überwässerungsausmaß sowie prognostische Implikationen zu eruieren. Das Ergebnis legt die Vermutung nahe, dass der Volumsstatus die Zusammensetzung des extrazellulären Raumes bei AS aktiv beeinflussen könnte, etwa in Form eines myokardialen Ödems.

Dr. Martin Reindl, PhD: Procalcitonin-Konzentration im Blut wird nicht vom Ausmaß der infarkt-bedingten Herzmuskelschädigung bei akutem STEMI beeinflusst

Ein akuter Herzinfarkt induziert eine Aktivierung des Immunsystems mit unspezifischer Freisetzung von systemischen Entzündungsparametern. Die im klinischen Alltag weit verbreiteten Entzündungsparameter, wie das C-reaktive Protein (CRP) und die Leukozyten-Konzentration, zeigen einen signifikanten Anstieg im akuten Setting des Infarktes. Procalcitonin (PCT) ist ein Biomarker mit hoher Spezifität für bakterielle Infektionen und gilt somit als vielversprechender Hinweis darauf, dass antibiotische Therapien notwendig sind. Ziel der Studie war es, den Zusammenhang zwischen Herzmuskelschädigung, bestimmt mittels kardialer Magnetresonanztomographie (MRT), und Procalcitonin-Konzentration im Blutserum bei PatientInnen mit akutem ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) zu untersuchen. Die Auswertungen zeigten, dass im Gegensatz zur CRP- und Leukozyten-Konzentration, welche eine signifikante Dynamik in den ersten zwei Tagen nach STEMI aufwiesen, die PCT-Konzentration im akuten Setting nicht ansteigt. Die Analyse konnte aufzeigen, dass die PCT-Konzentration im Blut nicht vom Ausmaß der infarkt-bedingten Herzmuskelschädigung bei akutem STEMI beeinflusst wird.

Dr.in Lore Schrutka: Schwerwiegende Blutungsereignisse bei Amyloidose-PatientInnen bei oraler Blutverdünnung nicht häufiger

Die Amyloid-Kardiomyopathie ist eine lebensbedrohliche Krankheit, die sich durch eine Ansammlung von unlöslichen Ablagerungen fehlgefalteter Proteine im Herzmuskel auszeichnet. Die Infiltration des Reizleitungssystems führt häufig zu Vorhofflimmern. Aufgrund des damit verbundenem hohen thromboembolischen Risikos, wird eine langfristige Blutverdünnung mit einer oralen Antikoagulation bevorzugt, sobald Vorhofflimmern bei einer bestehenden kardialen Amyloidose nachgewiesen wird. In der Studie wurden Blutungsereignisse in einer prospektiven Kohorte an Amyloidose-PatientInnen registriert. PatientInnen mit Blutungsereignissen litten häufiger an chronischer Niereninsuffizienz und zeigten eine höhere Rate an arteriellem Bluthochdruck. Es wurde deutlich, dass Blutungsereignisse einen schlechten Einfluss auf das Gesamtüberleben von PatientInnen mit Amyloidose hatten. Obwohl die kardiale Amyloidose mit lebensbedrohlichen Blutungen in Verbindung gebracht wird, zeigte sich kein höheres Vorkommen an schwerwiegenden Blutungsereignissen bei PatientInnen unter oraler Blutverdünnung. Das Auftreten von Blutungen war jedoch mit einem schlechteren Gesamtüberleben assoziiert. (Schluss) me

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Mag. Michael Eipeldauer

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